Unternehmensbewertung beim Verkauf: Realistische Preiserwartungen vs. Marktgegebenheiten - Ein Leitfaden für Unternehmer
Letzte Woche saß ich einem mittelständischen Unternehmer gegenüber, der sein IT-Unternehmen verkaufen wollte. Seine Vorstellung: 15 Millionen Euro für ein Unternehmen mit 800.000 Euro EBIT. Als ich ihm erklärte, dass der Markt aktuell eher 4-6 Millionen Euro hergeben würde, war die Enttäuschung groß. "Aber mein Steuerberater hat gesagt..." - ein Satz, den ich in 15 Jahren M&A-Beratung viel zu oft gehört habe.
Unrealistische Preisvorstellungen sind der häufigste Grund, warum Unternehmensverkäufe scheitern. In meiner täglichen Arbeit bei ExitBuddies erlebe ich immer wieder, wie falsche Bewertungsansätze nicht nur zu enttäuschten Erwartungen führen, sondern ganze Verkaufsprozesse zum Erliegen bringen. Dabei lassen sich viele dieser häufigste Fehler bei Kaufpreisverhandlungen durch eine realistische Unternehmensbewertung beim Verkauf von vornherein vermeiden.
Die Realität der Unternehmensbewertung: Theorie trifft Markt
Der größte Irrtum vieler Unternehmer: Sie verwechseln den theoretischen Unternehmenswert mit dem tatsächlich erzielbaren Verkaufspreis. Während Lehrbücher von perfekten Märkten und rationalen Käufern ausgehen, sieht die Realität anders aus.
Der Unterschied zwischen theoretischem und tatsächlichem Marktwert liegt oft bei 20-40%. Ein Unternehmen mag nach dem Ertragswertverfahren 10 Millionen Euro wert sein - am Markt finden sich aber vielleicht nur Käufer, die 7 Millionen Euro bieten. Warum? Der Markt für mittelständische Unternehmen ist begrenzt, Käufer haben spezifische Anforderungen, und externe Faktoren beeinflussen die Zahlungsbereitschaft erheblich.
Aktuelle Marktdaten zeigen diese Realität deutlich: Die durchschnittlichen EBITDA-Multiples in Deutschland lagen 2024 bei 8,4x, deutlich unter den Werten von 11,4x aus der ersten Jahreshälfte und 10,6x im Jahresvergleich. Besonders bei kleinen und mittleren Unternehmen sind die Bewertungen niedriger als oft angenommen.
Einflussfaktoren auf den tatsächlichen Verkaufspreis sind vielfältig:
- Käufermarkt vs. Verkäufermarkt: Bei hohem Angebot und wenigen Käufern sinken die Preise
- Branchentrends: Digitalisierungsgewinner erzielen höhere Multiples als traditionelle Industrien
- Unternehmensgröße: Kleinere Unternehmen werden grundsätzlich niedriger bewertet
- Timing: Marktzyklen beeinflussen die Kaufbereitschaft erheblich
Bewertungsmethoden in der Praxis: Was wirklich zählt
In der M&A-Praxis haben sich drei Bewertungsmethoden als Standard etabliert, die ich täglich bei ExitBuddies anwende:
EBITDA-Multiple (branchenspezifisch)
Das EBITDA-Multiple ist der am häufigsten verwendete Ansatz im Mittelstand. Dabei wird das EBITDA des Unternehmens mit einem branchenspezifischen Faktor multipliziert. Aktuelle DUB-Daten für KMU zeigen: Die Multiples variieren stark je nach Branche - von 3x bei traditionellen Handwerksbetrieben bis zu 12x bei Tech-Unternehmen.
Beispielrechnung: Ein Maschinenbauunternehmen mit 1,5 Millionen Euro EBITDA und einem Branchenmultiple von 5,5x ergibt einen Unternehmenswert von 8,25 Millionen Euro.
Discounted Cash Flow (DCF)
Das DCF-Verfahren prognostiziert die zukünftigen freien Cashflows und diskontiert diese auf den heutigen Wert. In der Praxis verwende ich diesen Ansatz vor allem bei wachstumsstarken Unternehmen oder bei komplexeren Bewertungssituationen.
Herausforderung: Die Prognosequalität entscheidet über die Bewertungsgüte. Bereits kleine Änderungen beim Diskontierungssatz von 0,5% können den Unternehmenswert um 10-15% beeinflussen.
Vergleichbare Transaktionen
Der Blick auf kürzlich verkaufte, ähnliche Unternehmen liefert die realitätsnächsten Bewertungsansätze. Diese Methode nutze ich als "Sanity Check" für die anderen Verfahren.
Bewertungsmethode | Anwendungsbereich | Marktrelevanz |
---|---|---|
EBITDA-Multiple | Standardfall KMU | Sehr hoch |
DCF-Verfahren | Wachstumsunternehmen | Mittel |
Vergleichstransaktionen | Alle Fälle | Sehr hoch |
Häufige Bewertungsfehler von Unternehmern
Aus meiner Erfahrung machen Unternehmer immer wieder dieselben Bewertungsfehler:
Emotionale Überbewertung
"Das ist mein Lebenswerk" - ein verständlicher, aber teurer Gedanke. Die emotionale Bindung führt zu einer systematischen Überschätzung des Marktwertes. Ich empfehle meinen Mandanten: Trennen Sie zwischen dem persönlichen und dem Marktwert. Der Markt zahlt für Zahlen, nicht für Emotionen.
Vernachlässigung von Markttrends
Viele Unternehmer ignorieren aktuelle Marktentwicklungen. Während der Corona-Pandemie stiegen beispielsweise die Bewertungen für Digitalisierungsunternehmen, während traditionelle Geschäftsmodelle abgestraft wurden. Auch 2024 beeinflussten geopolitische Unsicherheiten und Zinsentwicklungen die Bewertungen erheblich.
Fehlende Due Diligence-Vorbereitung
Ein häufiger Kardinalfehler: Unternehmer gehen unvorbereitet in Verkaufsgespräche. Fehlende oder unvollständige Unterlagen, nicht bereinigte Zahlen oder ungelöste rechtliche Probleme können den Unternehmenswert um 20-30% reduzieren.
Praxisbeispiel: Ein Handelsunternehmen sollte ursprünglich für 5 Millionen Euro verkauft werden. Durch nicht dokumentierte Kundenverträge und intransparente Lagerbestände sank der finale Kaufpreis auf 3,2 Millionen Euro.
Praktische Tipps für eine realistische Bewertung
Basierend auf meiner langjährigen Erfahrung bei ExitBuddies empfehle ich folgendes Vorgehen:
1. Mehrere Bewertungsansätze kombinieren: Verlassen Sie sich nie auf eine einzige Methode. Ich berechne grundsätzlich sowohl Multiple- als auch DCF-Werte und gleiche diese mit Markttransaktionen ab.
2. Professionelle Markteinschätzung einholen: Lassen Sie Ihr Unternehmen von einem erfahrenen M&A-Berater bewerten. Die Investition in eine professionelle Bewertung zahlt sich durch realistische Preisvorstellungen und bessere Verhandlungspositionen aus.
3. Bewertung als Prozess verstehen: Der Unternehmenswert verändert sich kontinuierlich. Führen Sie regelmäßige Bewertungen durch, nicht erst kurz vor dem geplanten Verkauf.
4. Due Diligence-Readiness sicherstellen: Bereiten Sie alle relevanten Unterlagen systematisch vor. Ein "sauberes" Unternehmen erzielt im Durchschnitt 15-25% höhere Verkaufspreise.
Bei ExitBuddies haben wir einen strukturierten Bewertungsprozess entwickelt, der sowohl die quantitativen Kennzahlen als auch die qualitativen Marktfaktoren berücksichtigt. Dieser ganzheitliche Ansatz führt zu realistischen Erwartungen und erfolgreichen Transaktionen.
Fazit: Realismus zahlt sich aus
Eine realistische Unternehmensbewertung beim Verkauf ist der Grundstein für jeden erfolgreichen Exit. Zu hohe Preisvorstellungen führen zu gescheiterten Verhandlungen, zu niedrige Ansätze verschenken Potenzial. Die Kunst liegt darin, den optimalen Preis zwischen Wunsch und Wirklichkeit zu finden.
Aktuelle Marktentwicklungen zeigen: 2025 wird ein Jahr der Erholung im M&A-Markt. Sinkende Zinsen und normalisierte Bewertungen schaffen wieder Raum für realistische Transaktionen. Nutzen Sie diese Chance - aber nur mit fundierten Bewertungsgrundlagen.
Sie möchten wissen, was Ihr Unternehmen realistisch wert ist? Lassen Sie uns in einem unverbindlichen Gespräch über Ihre Verkaufspläne sprechen. Bei ExitBuddies kombinieren wir Markterfahrung mit individueller Beratung - für einen Exit, der Ihren Vorstellungen und der Marktlage gleichermaßen gerecht wird.